Geschichte der Betonfertigteile

Die Entwicklung des industriellen Bauens mit Fertigteilen

Erfahren Sie mehr über die Historie der Betonfertigteile vom ersten patentierten Pflanzgefäß bis zur computergesteuerten industriellen Produktion von intelligenten Betonfertigteilen.

Fertigteile aus Beton - wie alles begann

Joseph Monier (1823 – 1906) war Gärtner und hatte die Idee robuste Pflanzgefäße zu einem günstigen Preis zu entwickeln. Im Jahr 1867 patentierte er verschiedene aus Eisenbeton hergestellte Produkte. Nach der Einführung dieses bewehrten Betons, war der nächste logische Schritt die Einführung von Betonfertigteilen aufgrund der großen Vorteile gegenüber Ortbeton, wie z.B. Qualität, Geschwindigkeit, Arbeitsschutz.

Serienbauweise mit Massivteilen

Die entwickelten Betonfertigteil-Systeme waren sogenannte Massivbausysteme mit Verbindungen der Elemente durch Verguss, Schweißen oder Schrauben. Diese Systeme basieren auf der Serienbauweise, die gebauten Mehrfamilienhäuser sehen sich alle sehr ähnlich. Eine große Flexibilität war nicht möglich, da keine flexiblen Formen für die Bauteile verfügbar waren, diese wurden erst in den 90er Jahren entwickelt.

Das Serienbausystem hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Der größte Nachteil ist die Uniformiertheit der Gebäude und Grundrisse sowie die Einschränkung im Fall von hohen seismischen Lasten für mehrstöckige Gebäude. Der Vorteil ist der industrielle Gedanke, der als Basis für die Herstellung der Gebäude dient.

Plattenbauten mit Betonfertigteilen, altes Bausystem

Entwicklung des „neuen“ industriellen Betonfertigteilsystems (1965 – 1985)

Der Gitterträger (Hauptteil des sogenannten Halbfertigteil-Systems) wurde Anfang der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts entwickelt.

Gitterträger für Fertigteile

In der Mitte der sechziger Jahre wurde der Gitterträger für Fertigteilprodukte verwendet, dies war der Beginn der industriellen Produktion von Betonfertigteilen auf breiter Basis. Die Produktionsstätten waren zu dieser Zeit sehr einfach, meist stationäre Bahnen unter freiem Himmel und in einfachen Produktionsgebäuden. Ein Turmdrehkran auf einer Freifläche oder ein Hallenkran im Gebäude waren die wichtigsten Werkzeuge für die Produktion.

Erfindung des Gitterträgers für Betonfertigteile

Entwicklung der Doppelwand

Der treibende Faktor für die weitere Entwicklung war die Notwendigkeit, den Bauprozess zu optimieren und die Arbeit auf der Baustelle zu reduzieren sowie die Qualität des Produkts und der Betonfertigteil-Gebäude zu erhöhen. In den Jahren 1980 bis 1985 wurde eine Halbfertigteilwand, die sogenannte Doppelwand, entwickelt und in den Markt eingeführt.

Doppelwände aus Betonfertigteilen

Entwicklung des „neuen“ industriellen Betonfertigteilsystems (1985 – 2005)

Der zweite Teil der Entwicklung war durch zwei Erfindungen beeinflusst. Die Erfindungen waren auf der einen Seite der Personalcomputer in Verbindung mit CAD (Computer Aided Design) Systemen, die die Erstellung elektronischer Daten des Produkts ermöglichten und auf der anderen Seite die SPS-Steuerung (SPS = speicherprogrammierbare Steuerung) zur Steuerung automatisierter Maschinen. Diese Entwicklungen machten es möglich, automatisierte Maschinen in den Produktionsprozess zu implementieren (z. B. Plotter, Betonverteiler) und durch CAD-Daten zu steuern.

Hochautomatisierte Palettenumlaufanlage

Dies war auch die Geburtsstunde für die CAD/CAM-gesteuerte Produktion. Im Zusammenhang mit den Palettenumlaufsystemen (erfunden in den sechziger Jahren) war es möglich, die Arbeitsstunden pro m² um zwei Drittel im Vergleich zur manuellen Produktion auf Bahnen zu reduzieren. Gleichzeitig wurde die Qualität des Produkts erhöht (Oberfläche, Kanten).

Schritt für Schritt wurden dem Produktionsprozess automatisierte Maschinen hinzugefügt, z. B. die automatisierte Bewehrungsfertigung (Mattenschweißanlage), Entschal- und Schalungsroboter, Laserprojektion, automatisierte Betonverteiler und Leitrechner, um den Produktionsprozess zu steuern und zu kontrollieren.

Entwicklung seit 2005 und Ausblick auf die kommenden Jahre

Seit Beginn der 2000er Jahre nehmen einige Entwicklungen ihren Lauf, die sich mit der Digitalisierung und der Vernetzung der Produktion beschäftigen. Teilweise werden diese Methoden bereits genutzt, jedoch noch nicht auf breiter Ebene und nicht in allen Ländern. Im Anschluss ein kurzer Überblick über die Methoden und Konzepte.

BIM - Building Information Modeling

Der Begriff BIM ist seit einigen Jahren in aller Munde. BIM steht als Abkürzung für Building Information Modeling und beschäftigt sich mit dem Austausch der Daten und Informationen für die Planung, den Bau und Betrieb eines Gebäudes. Durch den Zugriff aller Beteiligten auf die gleichen Daten, soll eine Konsistenz der Daten und damit eine Einsparung von Zeit und Geld bewirkt werden. Falls durch einen der Beteiligten eine Änderung der Daten erfolgt, sind diese sofort für alle anderen Beteiligten sichtbar und Fehler können vermieden werden.

Industrie 4.0

Industrie 4.0 ist ebenfalls derzeit einer der Begriffe, welche in der Industrie inflationär verwendet werden. Die Verwendung automatisierter Maschinen im Produktionsprozess wird dabei ergänzt durch eine Vernetzung der Maschinen und Anlagen untereinander und mit dem Internet. Es wird dabei auch manchmal von einer „Smart Factory“, einer intelligenten Fabrik gesprochen.

Papierlose Produktion

Darüber hinaus gibt es in letzter Zeit Anstrengungen die Verwendung von Papier in der Produktion von Betonfertigteilen einzuschränken. Die Daten sollen in Zukunft lediglich digital übertragen werden und einen Ausdruck auf Papier überflüssig machen. Dies ist sowohl aus umwelttechnischen Gründen, als auch aus finanzieller Hinsicht sehr ratsam. Zudem stehen damit immer die aktuellsten Pläne zur Verfügung.

Intelligentes Betonfertigteil - CEILTEC Decke von Innogration
Bildquelle: Innogration GmbH

Die Bauprodukte werden in Zukunft immer komplexer, wie zum Beispiel intelligente Betonfertigteile mit integrierter Haustechnik. Sie stellen neue Anforderungen an die Produktion und die dafür notwendigen, zusätzlichen Arbeitsabläufe und Materialflüsse müssen untereinander und mit bestehenden Prozessen koordiniert werden. Die Smart Factory gibt die intelligente Antwort auf diese Anforderungen.