Vorgefertigtes Bauen kommt nicht voran, wenn an der Planung gespart wird.
Die Welt wird immer komplexer. Bei diesem Satz werden die Meisten zustimmen. Und auch dabei, dass das Bauen immer komplexer wird. Warum versucht man nicht, diese komplexen Prozesse in einer ganzheitlichen Planung zu erfassen und somit zu vereinfachen?
Warum ist es möglich, einen Bauantrag zu stellen ohne Details des Bauwerkes zu kennen? Durch den ständigen Wettbewerb in der Wirtschaft wird immer versucht, alle Prozesse mit dem geringsten Aufwand abzudecken. Nach dem Motto „wir sparen, koste es was es wolle“. Denn am Ende zahlt der Bauherr und in weiterer Folge der Mieter.
So wird „halb“ geplant und zu spät im Bauverlauf entschieden. Denn man weiß, es gibt Firmen, die können dann Löcher in den Beton schneiden und das richten, was nicht rechtzeitig und richtig geplant wurde.
Wie kommt man aus diesem Teufelskreis wieder heraus? Leider nicht ohne Hilfe der Politik. Denn die Aufgabe der Politik ist es, die Leitschienen zu setzen, in welchen sich der Bauprozess abspielen sollte. Wenn für alle am Bau beteiligten Akteure die gleichen Regeln gelten, dann muss der Bauprozess in einer strukturierten Weise ablaufen.
Fertigteilhaus im Rohbau
Ein BIM Model mit LOD (Level of Details) 300, das bei der Baugenehmigung verpflichtend mitgeliefert werden müsste, wäre der erste Schritt. Das würde zwar das Planen verteuern, das Bauen insgesamt jedoch verbilligen vergünstigen. Ein weiterer positiver Nebeneffekt wäre die Einsparung von Personal bei der Produktion und dem Bau des Gebäudes. Bei einem solchen BIM Modell wäre auch schon die Problematik zwischen Statik und TGA in einem sehr frühen Stadium gelöst. Nicht wie bisher oftmals erst auf der Baustelle mit dem Kernbohrer, wenn Fehler behoben werden müssen.Wie funktioniert der Bauprozess heute?
Der Planungs- und Bauprozess verläuft nicht selten chaotisch ab. Für ein durchgeplantes Projekt ist die Vorlaufzeit meist zu gering. Oft werden für die Ausschreibung die Einreichunterlagen herangezogen statt der detaillierteren Ausführungspläne. Die Baufirmen werden vor allem nach dem Preis gewählt und nicht nach der Qualität. Alles muss in kurzer Zeit abgewickelt werden. Die detaillierte Planung verläuft dann parallel mit der Bauausführung. Änderungen sind bei diesem Prozess garantiert, die auch zusätzlich bezahlt werden wie oben erwähnt mit Kernbohrungen usw. Hier kommt oft das Argument auf, dass die Wohnungskäufer ja noch Sonderwünsche in der TGA und im Grundriss haben und daher muss man in der Planung flexibel sein. Stimmt teilweise, aber wie oft kommt das wirklich vor und wie viele Wohnungskäufer kennen sich in der TGA tatsächlich aus, wenn es darum geht, wohin beispielsweise eine Steckdose eingebaut werden soll? Wenn bei Wohnungen/Häusern die Grundrisse und die TGA gut durchdacht sind, werden folglich auch weniger Sonderwünsche von den Käufern aufkommen.
In der Wirtschaft wird manchmal von geringer Produktivität in der Baubranche gesprochen, d.h. diese Thematik ist bekannt, aber bis heute wurde an diesem Zustand nicht viel geändert. Es werden 3D-Drucker für die Baustelle entwickelt, die die Produktivität steigern sollen. 3D-Drucker sind eine kreative Entwicklung, aber der Bauprozess wird dadurch nicht wesentlich produktiver, weil wieder nur ein Teilbereich betrachtet wird und nicht das ganze System. Auch stellt sich die Frage, ob Baufirmen eine produktivere Bauweise überhaupt anstreben, denn zurzeit liegen die meisten Bauprozesse in der Hand der Baufirmen.
Die industrielle Bauweise zeigt den Weg auf wie auch der Bauprozess produktiver gemacht werden könnte. Diese Information kommt jedoch allzu oft nicht bei Architekten und Bauherren an. Wenn Architekten mehr über die industrielle Bauweise wüssten und die Individualität dieser Bauweise erkennen würden, könnte vielleicht ein Umdenken entstehen. Auch das Argument des hohen Preises eines Betonfertigteilelements zeigt die einseitige Sichtweise, weil nur der Preis pro m² betrachtet wird und nicht die Kosten des gesamten Bauprozesses. Damit gemeint ist u. a. eine schnellere Baufertigstellung und infolgedessen schnellere Schlüsselübergabe an den Endkunden. Verglichen mit der Ortbeton-/Ziegelbauweise ist man mit der industriellen Bauweise bis zu fünf Mal schneller bei geringeren Kosten für die Finanzierung Dank der kürzeren Bauzeit.
Wie sollte der ideale Bauprozess ablaufen?
Am besten wäre es, wenn man sich an Automobilen oder Mobiltelefonen der Automobil- oder Mobiltelefonindustrie orientiert. Warum? Da kann der Käufer auch nur bedingt in der Planung mitreden und ist trotzdem mit dem Endprodukt zufrieden.
Was passiert beim Bauprozess? Nicht zu vergessen ist, dass der Kauf eines Gebäudes oder Wohnung meist die größte Investition im Leben eines Menschen ist.
Man schiebt einem Laien (was ein Immobilienkäufer in der Regel auch ist) die Verantwortung (oder auch Entscheidung genannt) für Dinge zu, die ein Fachmann (Architekt genannt) treffen sollte. Was ist das Ergebnis? Der Käufer ist überfordert und auch nicht zufriedener, als wenn er etwas Vordefiniertes wie ein Auto oder Mobiltelefon kauft.
Fertigteilhaus bezugsfertig
In Asien ist das schon seit vielen Jahren die Regel. Wenn man die in solchen Ländern errichteten Gebäude betrachtet, erkennt man, dass Architekten und Designer Planer Hand in Hand mit Ingenieuren das Gebäude konzipiert gearbeitet haben.Was ist aber mit dem Bauprozess?
Der wird komplizierter, weil man in der Phase, in der Entscheidungen getroffen werden müssen (Planungsphase), entweder noch keinen Käufer für diese Wohnung/Haus hat oder einen, der sich nicht entscheiden kann. Dann sind wir wieder beim heutigen Bauprozess und dessen bekannten Problemen.
Zum Glück gibt es schon Beispiele wie es anders geht. Da werden Häuser und Wohnungen gebaut zum Teil mit hohen zum Teil architektonischen Ansprüchen, die günstiger sind als laienhaft geplante Behausungen Häuser.
In Asien ist das schon seit vielen Jahren die Regel. Wenn man die in solchen Ländern errichteten Gebäude betrachtet, erkennt man, dass Architekten und Designer Planer Hand in Hand mit Ingenieuren das Gebäude konzipiert gearbeitet haben.
Es bleibt nur zu wünschen, dass diese Erkenntnis auch die Politik und Wirtschaft überall dort erreicht, wo es bisher noch nicht der Fall ist. Damit auch in Europa und anderswo günstigere ressourcenschonende Gebäude gebaut werden und möglichst bald auf den Markt kommen können. Denn die industrielle Bauweise ist die Lösung gegen den bestehenden großen Wohnungsmangel weltweit.
Autorin
Dipl.-Ing. Heidemarie Kunze hat einen Abschluss in Architektur an der Technischen Universität Wien. Danach sammelte Sie Erfahrungen als Projektleiterin im Architekturbüro Bannert in Wien bevor sie 2006 bei Prilhofer Consulting in Wien ihre Kariere startete. Frau Kunze ist als Senior Consultant hauptsächlich für Grundlagenentwicklung, Machbarkeitsstudien und Werkleitplanungen verantwortlich.